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Jugendschöffin Heike Baltzer über ein Ehrenamt mit großer Verantwortung

Herford, 04.04.2023. Was muss man mitbringen, um Schöffin am Jugendgericht zu werden? „Interesse an Menschen, Empathie, ein gesunder Menschenverstand. Und man muss gut zuhören können“ findet Heike Baltzer.

Sie spricht aus Erfahrung. Denn seit 14 Jahren hilft sie als ehrenamtliche Jugendschöffin am Amtsgericht Herford aktiv bei der Rechtsprechung mit. Auf die Idee gekommen ist sie durch eine Freundin, die ebenfalls als Schöffin aktiv gewesen ist. „Bis heute dabei geblieben bin ich, weil die Aufgabe immer wieder spannend und absolut sinnstiftend ist“ sagt die Herforderin.

Eine juristische Ausbildung braucht man dafür nicht, denn bei der rechtlichen Bewertung eines Falls erhalten die Laienrichterinnen und Laienrichter fachliche Unterstützung. Vor dem Jugendgericht werden Fälle dann verhandelt, wenn der oder die Beschuldigte zwischen 14 und 17 Jahren alt ist, teilweise aber auch bei älteren Heranwachsenden. 

8 bis 9 Termine stehen im Jahr an. Um 9 Uhr morgens beginnt die Verhandlung: Staatsanwaltschaft und Verteidigung tauschen Argumente, Zeugen werden befragt. Die Schöffen hören aufmerksam zu, beobachten dabei u.a. das Verhalten und die Aussagen der beschuldigten Person.
Am Ende der Verhandlung – das ist in der Regel am frühen Nachmittag - ziehen sich dann Richter und die beiden Schöffen zur Beratung zurück. Gemeinsam wird dann überlegt, welche Strafe für den Täter angemessen ist. Theoretisch könnten die Schöffen den Richter zwar überstimmen – Heike Baltzer hat sowas aber noch nicht erlebt. Das Miteinander ist immer respektvoll. Nach der Beratung, die ungefähr eine halbe Stunde dauert, wird dann das Urteil verkündet.

Wer vor dem Schöffengericht landet, der hat schon ein bisschen mehr gemacht – in der Regel sind es keine Ersttäter. Trotzdem gilt laut Heike Baltzer: „Das Jugendgericht hat den Balanceakt zu meistern, Täterinnen oder Täter zwar angemessen zu bestrafen, aber ihnen auch ihre Zukunft nicht zu verbauen“.

Nach den meisten Terminen geht die 62-jährige mit einem guten Gefühl nach Hause. Sie hat der Gesellschaft geholfen und eine wichtige Aufgabe übernommen. Aber es gibt auch die Tage, an denen man Szenen aus dem Gerichtssaal mit nach Hause nimmt und innerlich aufgewühlt ist darüber, welche Abgründe sich zur Schau gestellt haben: „Fälle von sexuellem Missbrauch kamen zum Glück selten vor, aber die belasten einen emotional natürlich anders als ein Diebstahl oder eine Körperverletzung.“

Doch auch wenn es nicht immer leicht ist, die verantwortungsvolle Aufgabe gefällt ihr so sehr, dass sie sich auch für die kommende Wahlperiode beworben hat. Wer sich auch zutraut, dieses wichtige Ehrenamt zu übernehmen, kann sich aktuell noch bis zum 30.04.2023 bewerben unter https://www.herford.de/schöffenwahl