Herforder Militärgeschichte

Die Briten kamen als Besatzer - und sie gingen als Freunde!

Seit 1945 bis zu ihrem Abzug Ende 2015 waren die Briten Bestandteil der Hansestadt Herford. Sie prägten sowohl das Stadtbild als auch das Miteinander.

Waren die Anfänge sicherlich noch von gegenseitigem Misstrauen geprägt, so entwickelte sich im Laufe der 70 Jahre, in denen die Briten in Herford stationiert waren, eine enge Anbindung an die Stadt sowie zwischenmenschliche Freundschaften.

Da sich die stationierten britischen Soldaten und ihre Angehörigen in Herford sehr wohl fühlten, nannten sie die Hansestadt liebevoll „Happy Herford“.

Garnisonsstadt Herford

Von Beginn an waren die drei bestehenden Wehrmachtskasernen Garnison von Panzerdivisionen.

Ab 1952 war Herford für die britischen Streitkräften Standort der 11. britischen Panzerdivision. 1994 wurde Herford Hauptquartier der 1st (UK) Armoured Division (1. Britische Panzerdivision). Von hier aus gingen die Befehle an die britischen Einsatztruppen in Deutschland.

Im Rahmen einer Militärparade bekam am 18. Juli 2014 diese Division die höchste Auszeichnung für militärische Einheiten in Deutschland, das schwarz-rot-goldene Fahnenband verliehen.               

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Neben der 1. (UK) Panzerdivision war bis zum Abzug der Briten in Herford auch das Fern- melderegiment stationiert.

Im Zuge der Übernahme der vorhandenen militärischen Einrichtungen wurden die drei Wehrmachtskasernen von den Briten umgetauft:

  • Harewood Barracks
    Die Otto-Weddigen-Kaserne wurde nach der Übernahme von den Briten in Harewood Barracks umbenannt. Namensgeber war Henry George Charles Lascelle, der 6. Earl of Harewood, der sich im Ersten Weltkrieg als General um die britische Krone verdient ge- macht hatte.
  • Wentworth Barracks
    Als Namensgebers für die Wentworth Barracks stand der 1. Earl of Cleveland, Thomas Wentworth, General im englischen Bürger- krieg.
  • Hammersmith Barracks
    Anders als bei den vorgenannten Kasernen war bei den Hammer- smith Barracks kein britischer Kriegsheld Namensgeber, sondern der Londoner Stadtteil Hammersmith.

 

Maresfield Barracks – Herfords vierte Kaserne

Mitten im Herforder Stadtholz / Waldfrieden bauten die britischen Streitkräfte 1952 eine vierte Kaserne, die Maresfield Barracks. Zum einen wurden dort die in Herford stationierten Panzer gereinigt und gewartet. Zum anderen war dort bis zur Auflösung der Kaserne im Jahr 1994 das „7th Signal Regiment“ (7. Fernmelderegiment) stationiert.

Namensgeber der Kaserne war die Ortschaft Maresfield in der britischen Grafschaft Sussex.

 


Die 1. Britische Panzerdivision wurde am 01.06.2015 von Herford nach York abkommandiert. Ihr folgte in der zweiten Jahreshälfte 2015 das 1th (UK) Signal Regiment, das nun in Stafford stationiert ist.

Die britischen Streitkräfte prägten in den letzten sieben Jahrzehnten die Hansestadt Herford jedoch nicht nur militärisch.

Wohnen und Leben in Herford

Gewohnt haben die britischen Soldaten von 1945 bis ca. 1957 in beschlagnahmten Häusern auf dem Stiftberg rund um den Kasernen-Doppelstandort. Die Häuser wurden nach und nach an die Eigentümer zurückgegeben, nachdem die extra für die Briten erbauten Wohnsiedlungen Mitte der 50er Jahre fertiggestellt waren. Seitdem wohnten sie im Einklang mit den Herforder Einwohnern im Stadtgebiet verteilt.

Auch wenn die Briten gerne in deutsche Geschäfte einkaufen gingen, ihre typisch britischen Waren kauften sie in den NAAFI-Shops.

Viele britische Einheiten waren im Laufen der Jahre in Herford stationiert, die meisten blieben jedoch nicht lange. So hatten in den 60er Jahren die „Royal Horse Guards“ ihren Sitz in Herford auf der Hammersmith-Kaserne. Später übernahm der „Saddle Club“ den Reitstall und bot auch für deutsche Kinder englischen Reitunterricht an.

Musikalisch haben die britischen Streitkräfte Herford ebenfalls geprägt. Unter anderem waren im Jahr 1972 die „Royal Scots Dragoon Guards“ in Herford stationiert, die durch ihre Interpre- tation des Songs „Amazing Grace“ berühmt wurden.
Aber vor allem setzten die Briten mit ihrem „Gallow’s Folk Club“ Zeichen. Der Club befand sich von 1972 bis 1984 auf der Wentworth-Kaserne. Er war Bestandteil der Herforder Musikszene, denn nicht nur britische, sondern auch deutsche Gäste und Interpreten waren in dem Club willkommen.

Ende 1990 zog die Deutschlandzentrale des britischen Soldatensender BFBS auf die Wentworth-Kaserne ein. Bis zum Sommer 2009 ver- sorgte der Sender von Herford aus nicht nur die alliierten Soldaten, sondern auch die Herforder Bürger mit den neuesten musikalischen Trends von der Insel.

 


Für das gute Miteinander sorgten auch die vielen caritativen Veranstaltungen, die von den Briten organisiert und teilweise in deutsch-britischer Zusammenarbeit durchgeführt wurden.

So gab es musikalische Fest, sportliche Wettbewerbe, gemeinsame Gottesdienste bzw. den deutsch-englischen Adventsnachmittag im Gemeindesaal der evangelisch-lutherischen Marien-Kirchengemeinde Stiftberg, den traditionellen Kuchenwettbewerb in der Vorweihnachtszeit und vieles mehr.
Aber auch Hilfe bei städtischen Aktionen, wie die Kürbis-Pyramide aus Herforder-Kästen, die Weihnachtsbeleuchtung in der Stadt, Reinigung alter Gedenksteine zusammen mit der Reservistenkameradschaft Herford etc., gehörte dazu.

Das sind nur einige Beispiele, die die gute Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Briten und den Herfordern verdeutlichen. Und es zeigt einmal mehr, dass der Ausspruch “Aus Besatzern wurden Partner und Freunde!“ keine Floskel, sondern gelebte Praxis in Herford war.

Königlicher Besuch in Herford

Die Stationierung der britischen Soldaten in Herford bescherte der Hansestadt mehrfach königlichen Besuch. Insgesamt vier Mal besuchte die britische Prinzessin Anne Herford. Das letzte Mal war 2012, als sie britische Soldaten für ihren Einsatz in Afghanistan ehrte. Bei dieser Gelegenheit trug sie sich auch in das Goldene Buch der Stadt ein.