Die Reformation und ihre Folgen in Herford

Martin Luther setzte mit seiner 1517 öffentlich gemachten Kritik am Ablasshandel der katholischen Kirche eine Veränderung in Gang, an deren Ende die Spaltung der Kirche in Katholiken und Protestanten stand. Die als Reformation in die Geschichtsbücher eingegangene Umwälzung der kirchlichen Verhältnisse zeigte in Herford frühe Wirkung. Bereits 1523 wandten sich einige Herforder Fraterherren unter der Führung von Jakob Montanus der lutherischen Lehre zu. Allerdings waren es die Ordensbrüder Luthers, die Herforder Augustiner-Eremiten, allen voran Johann Dreier, und eine Mehrheit in der Bürgerschaft, die die Reformation bis 1532 in der Stadt durchsetzten. Die Kirchenherrin, die Äbtissin Anna von Limburg-Styrum und ihr Konvent widersetzten sich der Reformation. Sie und auch das Tochterstift auf dem Berg blieben zunächst katholisch. Hieraus erwuchs ein Konflikt zwischen lutherischer Stadt und katholischem Stift mit weitreichenden Folgen.
Der Rat der Stadt erließ 1532 die von Johann Dreier verfasste Kirchenordnung, in der die kirchenrechtliche Herrschaftsstellung der Äbtissin nicht erwähnt wurde. Vielmehr war erkennbar, dass die Stadt das Kirchenregiment beanspruchte. Die Äbtissin veranlasste deswegen 1534 den schon mehrfach als Vermittler zwischen Stadt und Stift aufgetretenen Johann von Jülich-Kleve und Ravensberg, ihr zu helfen und eine katholische Kirchenordnung zu erlassen. Es gelang ihr allerdings nicht, diese durchzusetzen. Angesichts ihrer politischen Ohnmacht und fortgesetzter Zwistigkeiten mit der Stadt trat sie 1547 all ihre weltlichen Rechte an den landesherrlichen Nachbarn, den Herzog von Jülich-Kleve und Grafen von Ravensberg ab (Zessionsvertrag). Dieser führte nun den Titel Erbvogt und Schirmherr des Stiftes und verpflichtete sich, die Rechte und Privilegien des Stiftes zu schützen und der Äbtissin bei der Eintreibung der Einkünfte zu helfen. Der Bruch mit der Stadt war damit besiegelt. Die seit 1256 bestehende gemeinsame Regierung von Stift und Stadt, das sogenannte „Kondominat“, war damit praktisch beendet. Daran änderte sich auch nichts als das Stift auf dem Berge 1548 und das hochadelige Damenstift nach dem Tod der Äbtissin Anna von Limburg-Styrum 1565 evangelisch wurden.

Aber nicht nur das Verhältnis von Stift und Stadt änderte sich durch die Reformation. Das „Hillige Hervede“, im Mittelalter so genannt wegen seiner zahlreichen Klöster, Kirchen und kirchlichen Einrichtungen, wandelte sein Gesicht stark. Das gesamte kirchliche und gemeindliche Leben wurde nach der neuen Lehre ausgerichtet. Das hieß vor allem: deutsche Messe und evangelisches Abendmahl. Katholischer Gottesdienst durfte offiziell erst wieder im 17. Jahrhundert gehalten werden. Die Pilgerkirche St. Jakobi in der Radewig wurde geschlossen und 1590 als evangelisch-lutherische Gemeindekirche neu eröffnet. Viele katholische Einrichtungen wie das Franziskaner- und das Augustinerkloster lösten sich auf oder wurden weitestgehend evangelisch wie das Stift St. Johann und Dionys. Die Dreiersche Kirchenordnung regelte auch das Armenwesen und das Schulwesen völlig neu. Die 1540 erfolgte Gründung des heute noch bestehenden Friedrichsgymnasiums aus dem Vermögen des Augustinerklosters und dessen Zusammenlegung mit der alten Lateinschule an der Münsterkirche kann hier als Beispiel angeführt werden. Im 17. Jahrhundert bildete sich neben der evangelisch-lutherischen Gemeinde auch eine reformierte Gemeinde.